Torgit: Als ich heute morgen aufwache ist es kalt, um nicht zu sagen saukalt. Wir hatten schon seit einigen Tagen keine Heizung mehr an, denn es war nachts mit 13 Grad recht warm. Heute ist es deutlich kälter, nur 8 Grad. Schnell runter zu Marc warmkuscheln. Der ist aber fast schon mit einem Bein draussen zum Sonnenaufgangs-Fotoshooting. So schön die Sonnenuntergänge in Portugal waren, so traumhaft schön sind die Sonnenaufgänge hier in Spanien an der Costa Blanca. Ich mache erst einmal Kaffee und genieße den Blick auf das Meer und die Wellen. Dann packen wir und machen das Auto fertig. Wir wollen uns noch ein bisschen die Küste entlang treiben lassen und fahren weiter Richtung Norden.
Der nächste Ort ist Oliva. Wir fahren durch größere Plantagen von Orangen und Mandarinen, hier wird gepflückt. Dazwischen riesige Flächen gelber Blumen, der Frühling ist hier in Spanien schon da. Überall blühen auch schon die Mandelbäume. Dieses Meer der Farben in rosa, gelb und orange ist wunderschön. Unterwegs wird noch schnell im Mercadona fürs Abendessen gejagd.
In Gandia sehen wir ein schönes Werbeschild für einen Campingplatz, doch unsere Batterie ist noch im grünen Bereich, wir können noch eine Nacht frei stehen und park4night zeigt uns einen schönen Platz direkt am Strand an(39°02’10.3″N 0°11’12.7″W). Wir fahren weiter über eine Fußgängerbrücke (ja, das nimmt man hier nicht so genau) und stehen am Ende eines Weges direkt am Strand Playa Naturista Gandia, ganz alleine. Vor uns der Strand, hinter uns die Bergkette von Montdúver über Penya Migdia bis hin zu Muntanya Redona, neben uns auf der einen Seite der Riu Vaca und auf der anderen Seite ein Vogelschutzgebiet. Ein Traum. Hier bleiben wir. Zuerst erkunden wir mal unseren Strand, schöner weißer Sand und der Strand ist ewig lang. Allerdings hat auch dieser Strand beim letzen Sturm sehr gelitten. Es liegen nicht nur überall tote Fische und Müll, sondern der Steg zum Strand wurde halb weggerissen. Kein Wunder, dieser kleine unscheinbare Fluß zu unserer Linken war durch den Orkan und die damit verbundenen Wassermassen um 5m gestiegen und hat 4 Brücken zum Einstürzen gebracht. Wieder zurück am Bulli gibt es erst einmal Mittagessen. Und zack glücklich.
Wir machen heute mal faul und lesen: Marc seinen Bretagne Krimi Teil 888 und ich ‚Herzenhören’ von Jan-Philipp Sendker. Da mir langsam die Bücher ausgehen, habe ich mal einen Kindle aktiviert und siehe da, was Marc vor Urzeiten mal von irgendeiner dubiosen russischen Platform geladen hat, ist gar nicht so schlecht. In diesem Zusammenhang möchte ich einmal die Stadtbibliothek Köln loben für Ihr wirklich gutes digitales Angebot. Es gibt nicht nur Onleihe für Bücher, man kann auch Zeitung lesen. Und ich nutze sehr gerne den kostenfreien Zugang zur digitalen Sprachenschule Rosetta Stone. Leider funktioniert die Bücher-Onleihe nicht für den Kindle, denn der ist ja eine reines Amazon-Ding. Wer einen Tipp hat wie ich das Format ändere oder wie ich es schaffe die Bücher der Stadtbibliothek auf meinem Kindle zu lesen, möge sich bitte bei mir melden !!
Aber zurück zum Beach: Wir sitzen kaum, da kommen 2 Wanderer vorbei und wir hören: „In Köln ist Karneval und ihr seid hier?“ Tja, das Autokennzeichen kann man nicht verstecken. Schon wieder erwischt. Ja, sie würden auch immer fliehen. Kaum haben wir das Buch wieder in der Hand, kommt ein Rennradfahrer vorbei, der sein Rad trägt. Marc sagt sofort er müsse sein Rad ja sehr lieben, es stellt sich heraus, es ist ein Franzose. Mir fällt spontan ein :“ Vous aimez la bicicleta.“ Mist, in die falsche Sprache abgedriftet. Das passiert mir leider auf unserer Tour immer wieder: Mir fallen Vokabeln in allen Sprachen dieser Welt ein, aber leider nicht in der, die ich gerade brauche. Kaum haben wir wieder unser Buch in der Hand, kommt ein Motorrad angerollt. Und quatscht uns nett von der Seite an. Es entwickelt sich ein sehr nettes Gespräch über die Gegend hier und über Spanien allgemein. Dass zB Wasser und parken kostenfrei ist und immer mehr Autobahnen mautfrei werden, seid die Linken in Madrid an der Macht sind. Kostenfreies Trinkwasser gibt es in Deutschland nur sehr selten, ich kenne zB nur die Apollinaris-Quelle in Sinzig, aber dort können nur Ortsansässige Wasser holen. In Deutschland ist ja alles schön reglementiert. Parken wird bei uns gefühlt immer teurer und über die Einführung einer Pkw-Maut wird schon ewig diskutiert. Hier in Spanien wird die Maut auf den Autobahnen sukzessive abgeschafft um die Landstrassen, die durch kleinere Orte führen, von den LKWs zu entlasten. In Spanien gibt es ja auch ein anderes Müllsystem als bei uns, was uns hier auf unserer Reise sehr entgegen kommt, denn die Grundstückseigentümer haben keine eigenen Mülltonnen, sondern an jeder Straßenecke gibt es Mülltonnen für jedermann, die jeden Abend geleert werden.
Hanso, so heißt der nette Motorradfahrer, hat in seinem Leben schon Höhen und Tiefen erlebt. Als seine Frau sich trennte, und das Haus darum verkauft werden musste, war das zuerst ein Schock. Heute sieht er es positiv: “Sonst würde ich heute noch nur dort die Hecke schneiden”. Er lebt schon eine Weile hier, hat hier auch seinen 70. gefeiert mit all seinen 4 Kindern. Man merkt, dass er ‘seine Gegend’ hier sehr liebt, er kommt richtig ins Schwärmen.
Irgendwann wird es kühl, die Sonne geht unter und uns fällt auf, dass der Nachmittag vorbei ist und wir mal wieder nichts geschafft haben, aber glücklich sind. Hanso verabschiedet sich und gibt uns noch ein paar Tipps auf den Weg für die Umgebung. Prompt kommt noch ein Reiter mit 4 Pferden an der Leine vorbei. Wir freuen uns immer sehr wie freundlich die locals grüßen. Gehen wir in Deutschland auch so freundlich auf Zigeuner oder Reisende zu?
Jetzt aber rein in den warmen Bulli, ich schwinge den Kochlöffel und Marc telefoniert durch die Weltgeschichte.
Ergänzung des Chefredakteurs: Hanso scheint manches richtig zu machen. Er freut sich sichtlich über eine positive Kommunikation. Diese würde ihm hier sehr oft fehlen. Wenn die deutschen Überwinterer kämen, hätten sie in der Regel wenig positive Themen. Wo der nächste Aldi oder Lidl wäre ist dann oft wichtiger, als die gute Kneipe oder die Sehenswürdigkeiten in der Nähe. Hanso scheint dafür die Gegend umso mehr zu erkunden. Sein “Mopedchen” hat inzwischen fast 150.000 Kilometer auf der Uhr. O.k. die Maschine war gebraucht, 6.000 davon ist sein Vorgänger gefahren. – Auch mir fällt oft auf, dass sich Menschen immer wieder auf die negativen Dinge fokussieren. – Doch dazu Morgen mehr.
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