“Man kann die Menschen in drei Klassen einteilen: Solche, die sich zu Tode arbeiten, solche, die sich zu Tode sorgen, und solche, die sich zu Tode langweilen.” – Sir Winston Churchill
Viele Jahre gehörten auch wir zu denen, die sich fast zu Tode gearbeitet haben. – Wobei sowohl Torgit, als auch mir Arbeit ja immer Spaß und Freude bereitet hat. – Nichts ist schlimmer, als einem Beruf nachzugehen, um sich aufs Wochenende zu freuen. Dennoch haben wir viel gearbeitet, sehr viel, machmal zu viel.
Das Bild der Schnecken aus unserer gestrigen Street Art Suche in Lagos, passt hingegen ganz gut zu dem, was wir heute zu berichten haben. – Wir werden zur Zeit etwas langsamer, bedeutet wir reisen langsamer. Während wir am Anfang das Gefühl hatten, zu reisen, wie wir Zuhause gelebt haben, gehen wir es zur Zeit bewusst etwas entspannter an. – Hierzu ein kleines Beispiel: Wir waren vor genau einem Monat, am Tag No. 45 in Nazaré. – Am Big Wave Surfer Hotspot waren die Wellen noch nicht ganz so big. Dies ist wohl zur Zeit der Fall. Vor zwei Tagen gelingt dort der Französin Justine Dupont der Ritt über eine der höchsten Wellen, die je von einer Frau bezwungen wurde. – Hätten wir gern gesehen. Doch jetzt umbedingt wieder da rauf zu fahren, ist uns zumindest in einer Tour zu viel Stress. – Wir lassen es dann doch lieber ruhig angehen. – Doch diese Langsamkeit führt zu unerwarteten Folgen.
Bisher gab es immer etwas zu tun. – Doch am heutigen Tag ist es anders: Nach 76 Tagen, sagt Torgit plötzlich, “es ist mir langweilig. – Es ist das erste Mal, dass mir langweilig ist.” – Ich reagiere sofort, wie es meine Art ist und versuche eine Lösung herbei zu führen. – Was wollen wir dagegen tun, ist meine Frage. – Torgits Antwort verblüfft mich. – Warum sollen wir etwas dagegen tun, eigentlich ist es doch ganz angenehm. Ich lasse das ganze erst einmal sacken, dann hinterfrage ich es. – Torgit und ich stellen gemeinsam fest, dass wir Langeweile eigentlich gar nicht kennen. Und selbst dann, wenn es langweilig zu werden droht, suchen wir uns immer etwas, um uns zu beschäftigen. In der Regel gibt es ja auch immer etwas zu tun. – Komischerweise haben wir ansonsten ein schlechtes Gewissen. – Einfach nichts tun, darf man das? – Ist das überhaupt erlaubt? – Wir tun nur dann einmal nichts, wenn es uns nicht gut geht, wenn wir krank sind. Und selbst dann haben wir ein schlechtes Gewissen, nichts zu tun.
Selbst wenn ich mal ausnahmsweise in der Hängematte liege, tue ich etwas. Ich schreibe im Blog, ich lese was, ich checke meine Mails, rufe jemand an. – Doch dieses einfach in die Luft schauen fällt mir, fällt uns unheimlich schwer. – Wie schnell machen wir uns über die Generation Smartphone lustig? – Maulfaul, ichbezogen, in ihr Smartphone verliebt. Das höre ich immer wieder. – Doch wann beschäftigen wir uns wirklich mit uns? – Vielleicht jetzt.
Als ich aus dem Fenster schaue, sind da wieder die Flamingos. – Diese scheinen überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben, einfach mal nichts zu tun. Torgit und ich verbringen noch eine gewisse Zeit damit zu analysieren, woher unser schlechtes Gewissen kommt. – Ich behaupte, sie als Beamtin müsste dies doch von Berufs wegen perfekt können. Sie kontert geschickt, dass sie ja schon immer neben dem Beruf als Beamtin, noch nebenbei gekellnert hätte. – Doch ist da nicht schon wieder die Rechtfertigung, das schlechte Gewissen? – Wir werden das Thema heute nicht abschließend klären. Doch man spürt, dass wir beide diesbezüglich immer noch Redebedarf haben.
Dabei scheint es ja Menschen zu geben, denen des häufigeren langweilig ist. Ich werde mich daran wohl nicht so schnell gewöhnen. – Was gibt es also zu tun?
Da wir am 28. unseren Termin bei Spacecamper haben, fangen wir heute mal an Hector genau zu vermessen. Wenn man nichts zu tun hat, dann sucht man sich halt eine neue Aufgabe. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass (m)man alles selber machen muss. – Eigentlich wäre das ja Torgits Aufgabe, wie heißt das immer so schön, dem Ingenieur ist nix zu schwör. – Doch auf Ingenieurinnen scheint dies nicht zu passen, wir wissen ja Frauen… und Größen, Längen und so weiter. (Anm. von Torgit: Muss ich wohl nix zu kommentieren, oder? )
Jetzt leben wir gefühlt, schon Monate lang in einem Bulli, haben uns immer und immer wieder die Videos des SpaceCampers angeschaut, doch irgendwie haben wir immer noch kein richtiges Gefühl für all die Maße. Doch wir versprechen uns auf jeden Fall, weniger hin und her räumen zu müssen und autarker zu werden. – Gleich blicke ich wieder auf unseren Stromverbrauch. Schnell ist klar, wir müssen heute noch mal den Standort wechseln. Ansonsten spielt die Batterie nicht mehr mit. – Ich habe zwar gestern ein wenig zum Thema Solartaschen gegoogelt, doch das hilft uns heute noch nicht weiter. – Also machen wir uns auf den Weg. – Wir beschließen in die Berge zu fahren. – Unterwegs suchen wir nach Wasser. Dabei fahren wir durch eine typische portugiesische Straße. – Gott sei Dank kommt diese nicht im Ansatz an die schmalste Straße auf unserer Tour heran. – Doch als plötzlich eine neunzig Grad Kehre kommt, kommen auch wir mal wieder an unsere Grenzen. Doch leider kommt wieder keiner aus dem Bus, um das zu fotografieren. Vielleicht irgendwann, irgendwo. Unterwegs kaufen wir noch ein wenig ein. Immer wieder spannend, alle vier Tage einen neuen Supermarkt zu erkunden. Gar nicht weit davon liegt unsere Reinigung vom Vortag. – Finden wir noch Torgits Flippi? – Nein, das war ein Floppi, wir erhalten lediglich die Bestätigung, dass wir ihn wirklich hier verloren haben. Doch wohin er verschwunden ist, keiner weiß es. – Dafür sehen wir zufällig noch zwei Wandbilder. Wir hoffen Euch mit so viel Street Art, nicht zu langweilen.
Auf dem Weg in die Berge, ist wieder einmal eine Straße gesperrt. Wir finden eine alternative Route. – So etwas erinnert hier immer schnell an Offroad Touren. Auf jeden Fall wäre mir manchmal, mit einem Allrad wohler. Doch Hector wurschtelt sich überall durch. Wir werden am Ende mal wieder belohnt. Unser Tag endet mit einem herrlichen Blick auf die Talsperre Odeáxere (portugiesisch Barragem de Odeáxere bzw. Barragem da Bravura).
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