“…zurück auf die Straße – Möchte wieder singen, nicht schön sondern geil und laut –
Denn Gold findet man bekanntlich im Dreck – Und Straßen sind aus Dreck gebaut”
Marius – “Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz” war eine meiner ersten Schallplatten. – Meine Kneipen- und Torgits Teestubenzeiten sind durch “Mit 18”, “Dicke” & Co geprägt. – Heute hört sich Herr Westernhagen ziemlich gesaddeld an. Sein Remastering zu unserem gestrigen Nostalgieabend war auf jeden Fall gelungen. – Auch am heutigen Tag summe ich still vor mich hin: – “Deine Mutter sagte: Klaus, zieh dir bloß die Schuhe aus. – Und dein Lehrer sagt, daß du fürs Leben lernst – Doch das Leben ist so fern”
Unser Leben ist nah, heute geht es zurück auf die Straße. Nach den Tagen der Ruhe ist es wieder schön auf Entdeckungstour zu gehen.
Super, dann packen wir mal wieder unsere sieben Sachen zusammen. Hierbei lassen wir es entspannt angehen. So finden wir auch noch die Zeit, für ein wenig Yoga für Torgit, beziehungsweise Leibesertüchtigung für mich.
Ein Stück unterhalb von uns versucht ein französisches Rentnerpaar ihren viel zu großen Camper, samt Anhänger für Roller &Co, zu wenden. Schnell erkennen wir die Vorteile eines kurzen, im Vergleich wendigen Bullis. Das mit dem entgegen der Fahrtrichtung kurbeln, erweist sich als nützlicher Tipp, ist aber in der Umsetzung etwas schwieriger. Doch am Ende ist das Gespann gedreht und man kann langsam seines Weges ziehen. – “Vive la france”
Bevor wir Zambujeira do Mar endgültig verlassen, beschließen wir noch einen Abstecher an den Strand zu machen. Gibt es Schöneres, als ein Frühstück am Strand? Torgit merkt an, dass es kein Früh- sonder ein Spätstück wäre. Als ob das einen Unterschied machen würde. Schön ist es. Torgit macht noch einen Mittagsspaziergang. Dabei fällt uns eine merkwürdige Konstruktion auf. Es sind Aschenbecher to Go für den Strand. Aus meiner Sicht ein viel freundlicherer Umgang mit Rauchern, als man diesen aus Deutschland gewohnt ist.
Danach habe ich etwas Mühe Hector vom Strand weg zu bekommen. Ich stelle fest, dass Größe bzw. Wendekreis immer eine Sache der Verhältnisse ist. – Doch es gelingt und es hat sich gelohnt.
Eigentlich war unser Plan ein wenig in die Berge zu fahren. – Unterwegs treffen wir immer mal wieder auf skurrile Bau- oder “Kunst”werke. – Ist das Kunst oder kann das weg? – Manchmal bleibt die Frage unbeantwortet. Nach einigen Kilometer weist ein Schild auf Azenha do Mar, einen kleine Fischerort an der Küste hin. Die Bezeichnung do Mar reicht, Torgit hat die Berge vergessen. – So fahren wir wieder in Richtung Meer. Der Weg wird immer schlechter und führt uns entlang einer der vielen Plantagen. In diesem Falle ist es wieder eine Himbeerfarm. In der gesamten Region scheinen Inder die bevorzugten Landarbeiter zu sein. Wir haben uns sagen lassen, dass diese teilweise wie Sklaven gehalten würden. Doch wie es immer so ist mit Hörensagen, wir wissen nichts genaues. Plötzlich wird die Straße wieder besser und fährt uns direkt ans Meer. Wir halten vor einem kleinen Café oberhalb der Klippe. Ich spekuliere schon auf einen Kaffee, doch Torgit überredet mich, noch ein wenig weiter runter zu gehen. Zuerst können wir einem kleinen Fußweg folgen. Unten angekommen stellen wir fest, dass es einen Grund hat, dass wir hier gestrandet sind. Der Ausblick, der sich uns bietet, ist atemberaubend. Einzelne Klippen durchbrechen die Wasseroberfläche. Teilweise wirken sie wie aufeinander geschichtete Stein-Sandwiches. Alles erinnert ein wenig an die Kulissen aus Games of Thrones, doch die haben wir ja erst in Spanien vor uns. Der Fischerhafen wirkt wie aus einer anderen Zeit. Irgendwie scheint es nicht ins Bild zu passen, dass die Boote teilweise aus Kunststoff sind und Außenborder statt Ruder vorhanden sind.
Doch plötzlich sehen wir sie, die Störche. Seit Tagen haben wir auf diesen Anblick gewartet. Wir haben schon davon gehört, dass Störche hier ihre Nester direkt auf die Klippen bauen. Doch nun können wir es mit eigenen Augen sehen. Wir wollen näher ran. Wir folgen einem kleinen Wanderweg, es geht bergauf und bergab über Geröll, wir müssen ein wenig krakseln. An einer schwierigen Passage hängt ein Sicherungsseil, das ist doch genau mein Gelände. Meine Flip-Flops kommen an ihre Grenzen. Ich bin so begeistert, dass ich kaum merke, dass Torgit mir brav folgt. ( Anm. von Torgit: Das Adverb brav und mein Name in einem Satz gab es, glaube ich noch nie 😉 ) Ihre Höhenangst scheint wie weggeblasen. Endlich sind die Störche in greifbarer, beziehungsweise fotografierbarer Nähe. Jetzt hätten wir gerne ein vernünftiges Tele, ein Stativ oder noch besser die Drohne. Man muss es einfach gesehen haben, um zu begreifen, warum uns dieser Anblick so sehr rührt. Eine Zeit lang beobachten wir nur die Störche und einige Möven, genießen die Wellen. Dann geht es zurück in Richtung Cafe. Als wir dort ankommen, ist es leider schon wieder Zeit, sich einen Platz für die Nacht zu suchen und noch ein wenig einzukaufen. Der Kaffee muss auf einen anderen Tag verschoben werden.
Wir fahren weiter Richtung des nahe gelegenen São Teotónio. Unterwegs finden wir drei kleine Mini-Märkte. In Jedem finden wir etwas, um unser Wochenende zu überleben. Bei São Teotónio kreuzen wir das kleine Flüsschen Ribeira de Seixe, welches den Distrikt Beja im Norden und Faro im Süden teilt. São Teotónio ist ein wunderschönes kleines Städtchen. Die Häuser strahlen mit ihren weißen Fassaden und den roten Tondachziegeln um die Wette. Die alte Dorfkirche und eine Windmühle geben das Sahnehäubchen obendrauf. – Einer Sage nach, ist der Heilige Teotonius, Anfang des elften Jahrhunderts, durch den Ort gekommen, der in dieser Zeit auf maurischem Gebiet lag und hat seine Einwohner zum christlichen Glauben bekehrt.
Wir wollen uns heute nicht bekehren lassen. Wir wollen rauf auf die Küste, einem Teil des Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina. – Eine Empfehlung von Park4Night. – So verlassen wir die Straße und folgen einer Fahrspur durch die Heidelandschaft der Klippen. Die vielen Verbotsschilder müssen wir übersehen haben. – Nach etwa einem Kilometer stehen wir dann oben auf der Klippe, 37.436397, -8.80347. – Der Platz ist traumhaft, der Ausblick grandios, doch die Perspektive scheint auf dem Bild verrutscht, geht es doch steil doch unten. – Bereits in den frühen Abendstunden weht hier ein stürmischer Wind. Da für die Nacht eine weitere Zunahme prognostiziert wird, beschließen wir wieder runter zu fahren. Wir kreuzen wieder das Flüsschen, nun Richtung Norden und halten uns links Richtung Küste. Hier verlassen wir zwar ebenfalls die gepflasterte Straße, aber es ist zumindest noch eine Straße erkennbar. Am Ende stehen wir an einer Stelle, 37.442577, -8.795151, an der das Flüsschen ins Meer fließt und somit wieder an einem Strand. – Die Nacht offenbart, dass es eine gute Entscheidung war, nach unten zu fahren. Selbst in der halbwegs geschützten Bucht, pfeift der Wind so sehr, dass wie überlegen das Zeltdach zu schließen. Doch wir sind einfach zu müde. Dies war ein guter Tag!
Erkenntnis des Tages: Die Mischung macht’s. – Reisen bedeutet ankommen, aber eben auch entdecken. Entdecken der Langsamkeit.
Neueste Kommentare