Sant’Antioco
Sant’Antioco ist eine vorgelagerte Insel im Südwesten Sardiniens mit schroffen Felsküsten und traumhaften Badebuchten. Besonders Marc liebt die hohen Felsklippen, auf denen er so gerne rumbalanciert.
Wir fahren über die Brücke nach Sant’Antioco. Als wir an einem Supermarkt vorbei kommen, nutzen wir die Gelegenheit und kaufen ein. Nachdem wir vor einer Woche fast 50km gefahren sind, bis wir einen Supermarkt gefunden haben, sind wir vorsichtiger und nutzen jede Chance.
Capo Sperone
Dann fahren wir weiter nach Capo Sperone, am südwestlichsten Zipfel von Sant’Antioco. Diese Straße ist wieder genau nach unserem Geschmack, hier kommt nicht jeder hin. Oben auf dem Capo Sperone angekommen haben wir eine fantastische Aussicht auf das Meer mit den kleinen Inseln Isola della Vacca und Isola del Vitellino. Die ganze Hochebene ist mit Ginster, Pfingstrosen und vielen Kräutern bewachsen, es riecht ganz wunderbar.
Und überall wimmelt es von Insekten. So viele Insekten habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Hier auf Sant’Antioco ist die Natur noch in Ordnung. Ob wir hier stehen können, oder ob wir zerstochen werden? Wir wagen einen Versuch. Und werden nicht enttäuscht. Wir können sogar draussen essen, ohne dass sich irgendein Insekt für uns interessiert. Das wäre in unserem Kölner Garten undenkbar gewesen. Die Wespen haben uns dort öfters verjagt.
Facebook-Gruppe “Sardinien – Land, Kultur & Leute”
Seit wir auf Sant’Antioco oder besser gesagt auf Sardinien sind, hole ich mir viele Tipps in der Facebook-Gruppe “Sardinien – Land, Kultur & Leute” von Federico e Jana Meloni. Hier wird keine Werbung gemacht um Touristen anzulocken. Sondern hier wird mit viel Herzblut über die Heimat berichtet. Und das Ganze mit tollen Fotos präsentiert. Federico ist Sarde mit Leib und Seele.
Man kann sagen er ist mitten im sardischen Tourismus aufgewachsen: Sein Onkel hatte eine große Campingplatzanlage und sein Vater verschiedene Hotels. Seine Freizeit und Sommerferien verbrachte er auf dem Campingplatz zwischen deutschen, französischen und schweizerischen Touristen. Darüber hinaus hat er eine große Zeit seiner Kindheit bei seinen Großeltern verbracht. Und die lebten nach sardischen Traditionen, die er durch sie vermittelt bekommen hat und bis heute bewahrt. Nach 11 Jahren beim Militär, verschlug es ihn aus privaten Gründen für einige Jahre nach Deutschland. Der Rückruf seiner Heimat war jedoch so groß, dass er nun fest mit seiner Familie auf Sardinien lebt. Es war immer sein Traum einen Agritourismus zu eröffnen, aber in der jetzigen Zeit, wo viele um’s Überleben kämpfen, ist das wohl nicht die beste Idee. Und so entstand eine andere Vision, die hoffentlich bald wieder Realität wird, nämlich Touren für Touristen anzubieten.
Federico hat immer “gestört”, dass der überwiegende Teil der Touristen in Sardinien nur das schöne Meer sieht. Er möchte zeigen, dass Sardinien soviel mehr zu bieten hat, und kam so auf die Idee mit der Facebook-Seite. Dass die Seite nach einem Jahr solch einen Erfolg hat freut uns sehr. Wenn Reisen wieder uneingeschränkt möglich ist, möchten er wie schon erwähnt, Touren für Touristen anbieten und das wahre Sardinien zeigen. Im Herbst konnte er einige Touren machen und hatte richtig gutes Feedback, was ihn noch mehr animiert. Im Moment ist er natürlich wie der gesamt Tourismus durch Covid völlig lahmgelegt. Wer Federicos Sardinien erleben möchte, kann ihn gerne via WhatsApp oder Email kontaktieren: fredericmeloni46@gmail.com – 0049 176 20954062
In dieser Gruppe habe ich das 1. Mal über Sant’Antioco und das Capo Sperone gelesen. Und dabei ein tolles Foto von einem Lost Place gesehen. Lost Places finde ich immer interessant. Ich würde so gerne mehr über diese verfallenen Gebäude wissen. Ihr Geschichte. Oder Fotos aus den guten Zeiten sehen.
Wanderung zum Lost Place
Erst am nächsten Morgen wird mir klar, dass das Gebäude über uns auf dem Berg genau dieser Lost Place sein muss. Denn sonst sehe ich hier keine Bauwerke. Das möchten wir uns ansehen. Also schnell Kamera und Drohne geschnappt und los geht’s zu Fuß. Die Natur ist wunderbar, die Kräuter duften lecker. Unterwegs treffen wir ein altes Paar, das wilden Spargel sucht. Die Ausbeute ist heute leider schlecht. Sie sind enttäuscht. Nach gut einer halben Stunde finde ich auf dem Weg einen Löffel und bin völlig irritiert. Denn er sieht aus wie unsere Löffel. Das ist auch kein Wunder, denn der Löffel ist Marc, der vor mir geht, aus der Hosentasche gefallen. Ich kann mir jetzt ungefähr vorstellen, warum von den 6 Löffeln, die wir auf Tour mitgenommen haben, nur noch 4 Stück übrig sind. Allerdings habe ich keine Ahnung warum Marc einen Löffel in der Hosentasche hat. Denn wir haben nichts zu essen dabei. Aber sicher ist sicher. Falls der Eiswagen vorbei kommt, ist er gerüstet.
Der Aufstieg wird immer steiler. Da kommt uns von oben auf diesem unbefestigten Weg eine Vespa entgegen. Der Fahrer muss selber lachen, wie er hier runter schliddert. Ich glaube die Italiener werden auf Vespas geboren.
Oben angekommen finden wir wirklich das vermutete Lost Place. Es ist wunderschön, hat allerdings schon deutlich bessere Zeiten gesehen.
Semaforo di Capo Sperone
Das Gebäude wurde wohl 1887 als Aussichtsposten gebaut. Ende des 19. Jahrhunderts wählte die Royal Navy diesen Standort für die Installation einer Ampel- und Telegraphenstation, um den Zugang zum Golf von Palmas zu kontrollieren. Er hatte in den beiden Weltkriegen eine wichtige Rolle als Radiosender und war bis 1957 aktiv. 1914 wurde der Sender mit einem leistungsstarken Radiosender ausgestattet. Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Funkantenne von einem deutschen U-Boot UB 48 abgeschossen, das hinter der nahe gelegenen Insel Vacca versteckt war. Nach der Stilllegung des Radiosenders blieb das Gebäude bis zur zweiten Hälfte der neunziger Jahre ziemlich intakt. Der Bau einer aus einem europäischen Fonds finanzierten Straße zur Wiedernutzung der Immobilie war der Anfang vom Ende. Die Straße ermöglichte es, die Spitze des Hügels mit Lieferwagen zu erreichen, mit denen wichtige Teile des Gebäudes entfernt wurden, wie z.B. Holzbalken, Fliesen. Ein Beispiel dafür, dass nicht alles, was gut gemeint ist, auch gut ist.
Von oben sehen wir auf der anderen Seite mehrere weiße Zeltkuppeln. Sie erinnern uns an das Camp Silver auf Texel, wo wir Ostern 2017 waren. Dies ist ein Camp aus Airstreamern mit einem Kuppelzelt als Aufenthaltsraum. Später werden wir sehen, dass es wirklich ein Feriencamp ist.
Abends sehen wir wieder einen wunderschönen Sonnenuntergang, Marc mit Zigarre, Torgit mit Ichnusa. Und einen fast noch schöneren Vollmond. Wir beschließen morgen noch einmal mit dem Bulli dort hoch zu fahren.
Wandern auf Sant’Antioco
Auf Sant’Antioco kann man wunderbar wandern und offroad fahren. Haltet dabei Badesachen und Handtuch bereit, immer wieder bieten sich schöne Gelegenheiten zum Schwimmen. Passt aber dabei auf die Seeigel auf. Marc kann ein Lied davon singen.
Schöne Ziele sind dabei an der Westküste:
Grotta delle Sirene: Eine sehenswerte Höhle. Gut zu erreichen mit Boot oder SUP übers Wasser oder nach einer kleinen 30minütigen Wanderung und ein bisschen Felskraxelei. Das Besondere an der Höhle sind die Reflexionen und Lichtspiegelungen der Sonne im Wasser.
Arco dei Baci – Is Praneddas: Ein natürlicher Felsenbogen in den Klippe am Meer. Hier kann man wunderbar schnorcheln und schwimmen oder romantisch den Sonnenuntergang mit einem Ichnusa genießen.
Cala Grotta / Cala Tuffi: Eine natürliche Schlucht in den Felsklippen, also quasi ein von der Natur aus den Felsen geformter Pool. Das wunderbar klare Wasser lädt zum Tauchen, Schnorcheln und Schwimmen ein
Nido dei Passeri: Sehr schöne hohe Klippen mit fantastischer Aussicht auf das Meer, den Leuchtturm Mangbarche und die Insel Carloforte. Toller Sonnenuntergang. Keine Bademöglichkeit.
Wer noch mehr Zeit hat, sollte auf die Insel Carloforte übersetzen. Dort gibt es auch wunderschöne felsige Küsten. Spektakulär sollen die Grotta delle Mezzaluna und die Punta delle Colonne sein.
Und ganz, ganz wichtig, der Leuchtturm. Liebt ihr ebenso Leuchttürme wie wir? Unweit der Küste von Calasetta, im Nord-Westen der Insel, befindet sich dieses grandiose Musterexemplar eines Leuchtturms. Von Mangiabarche, einer stark abfallende Klippe, hat man einen wunderbaren Ausblick auf das Leuchtfeuer. Hier ist das Meer noch kristallklar.
Sehr schöner Bericht und sehr lebendig geschrieben. Vielen Dank für‘s Erwähnen unserer Facebookseite und weiterhin viel Spaß auf Sardinien.
Federico und Jana 🤗
Wir danken Dir, dass Du uns mit Deinen vielen Tipps die Schönheit Sardiniens abseits der Strände zeigst. Sardinien hat so viel mehr zu bieten.