Heute möchten wir nach Marzamemi. Wir könnten am Strand entlang gehen, aber wir entscheiden uns für eine kleine Radtour. Schnell werden die Bromptons aufgeklappt und los geht’s. Die Straße ist gut, es ist wenig Verkehr und die Natur ist wunderschön. Hier macht das Radeln Spaß.
Marzamemi, das verzauberte Dorf, ist ein malerischer Küstenort. Es liegt südlich von Syrakus. Früher galt es als Geheimtipp, als authentisches Fischerörtchen, aber das ist es leider heute nicht mehr. Obwohl es im Sommer recht touristisch ist, finde ich es jetzt gerade wunderschön.
Die Radtour
Ich radel munter vor mich her, Marc telefoniert hinter mir. Passt mir gut, dann haben wir auch das gleiche Tempo. Auf einmal höre ich ihn hinter mir rufen. Er hat einen Platten. Das Hinterrad hat das letzte Schlagloch nicht überlebt. Mist. Pumpen hilft nicht, da muss ein neuer Schlauch rein. Was nun? Marc fährt mit beiden Rädern zurück und ich gehe am Strand entlang zum Bulli nach San Lorenzo. Das sind Gott sei Dank nur 6 km. Die Strecke ist wunderschön und eigentlich ist es auch gar nicht so schlimm. Zurück am Bulli schimpft Marc wie ein Rohrspatz. Mit den beiden Rädern nach Hause jonglieren war gar nicht so einfach. Die kleinen Rädchen machen was sie wollen. Hinterrad ausbauen ist hier im Sand blöd. Wir vertagen das auf einen besseren Untergrund und packen die Räder erst einmal ein.
Marzamemi
Am nächsten Morgen fahren wir weiter. Und halten noch einmal kurz in Marzamemi. Dieser kleine Ort ist wirklich wunderschön. Auch wenn er recht touristisch wirkt, ändert das nichts daran, dass er wirklich malerisch ist. Eine klare Empfehlung. Kleine Plätze mit Restaurants und Bars, von bunten Häuschen eingerahmt, wo es sich wunderbar verweilen lässt. Jetzt ist leider gerade alles geschlossen, kein Wunder an einem Montag vormittag.
Ich möchte in der nächsten Bäckerei Brot kaufen, und bin begeistert von der Auswahl an Dolci. Da kann ich nicht widerstehen. Flugs wird eine Auswahl zusammen gestellt. € 11,- ist kein Schnäppchen, aber sie sind auch unwiderstehlich lecker. Kurz gesagt, sie überleben den Tag nicht.
Portopalo
Weiter geht’s die Küstenstraße Richtung Süden nach Portopalo. Wer einen kleinen Abstecher nach Pachino macht: Auf der Piazza in Pachino ist die Gelateria Ciclope. Hier gibt es die beste Granita di caffè con brioche, beste Arancine und beste Pfirsich-Cremolata!
Kevin, einer unserer Instagram-Follower (ich finde das Wort eigentlich doof, aber mir fällt gerade kein treffenderer Begriff ein) erzählte uns, dass sein Schwiegervater Sebastiano dort ein tolles, altes Boot restauriert. In dem Hafen soll man mittags , wenn die Fischer rein kommen, auch sehr gut Fisch kaufen können. Klar, frischer geht’s nicht. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen.
In Portopalo di Capo Passero, wie es vollständig heißt, läuft uns ein halbes Rind vors Auto. Das sind die Momente, die ich auf Reisen so liebe. So etwas habe ich Deutschland noch nie gesehen.
Wir möchten Trinkwasser bunkern. Aber der Wasserdruck an dem Brunnen ist sehr gering. Das Wasser schmeckt nicht. Ein paar Meter gibt es einen Eco Fonte. Also probieren wir den mal aus. 1l kostet 6 Cent. Das tolle ist, dieser Automat nimmt auch 5Ct Stücke. So werde ich mein Kupfergeld los. Wir füllen alle Flaschen auf und weiter geht’s in den Hafen.
In Hafen von Portopalo angekommen ist Sebastiano schnell gefunden. Und sein Boot ist toll, man sieht wie viel Arbeit er reingesteckt hat. Er hat sogar eine neue Kabine montiert, das Boot hatte vorher keine Kabine.
Heimat ist da wo der Anker fällt…
…ist das wirklich so? Die Frage nach Zuhause ist für uns einfacher zu beantworten.
„Home is where you park it“ – Doch Zuhause und Heimat sind zwei Paar Schuhe. Dies ist mir bewusst geworden, als ich fünfzehn Jahre am Rande von Berlin gelebt habe. Ich habe Berlin geliebt, doch Heimat war immer das Bergische Land.
Doch wie sieht das aus, wenn man nicht nur fünfzehn, sondern 35 Jahre fern der Heimat gelebt hat. Diese Frage stelle ich mir und ihm, als ich heute in Portopalo, Sebastiano, den Schwiegerpapa eines, unserer deutschen Follower, kennen lerne.
Wie schwierig die Antwort scheint, ist unschwer zu erkennen. Sebastiano hat den größten Teil seines bisherigen Lebens in der Nähe von München verbracht. Schließt man die Augen, könnte man meinen einen Ur-Bayer vor sich zu haben. Doch sobald man die Augen öffnet ist klar, dieser Mann ist und bleibt ein Sizilaner.
Das Temperament seiner Antwort, könnte nie aus dem Mund eines Deutschen stammen. Hier spricht ein Südländer. Jemand der zurück zu seinen Wurzeln will. Sebastiano restauriert einen alten Fischerkahn. Kommt jetzt die Story vom alten Mann und das Meer? Ganz sicher nicht. Denn obwohl über sechzig, zeigt sein verschmitztes Lächeln, dass hier ein junger Mann spricht. Seine Kappe sagt alles: „Revoluzz forever“. Torgit und ich sind begeistert, cooler Typ.
Das Boot soll noch diese Saison Meer und Seeluft schmecken. Sebastiano will nicht einfach nur angeln, er möchte auf die Mattanza, auf italienisch Abschlachten. So heißt hier die traditionelle Thunfischjagd.
Als es anfängt zu regnen fahren wir weiter. Wir hätten noch Stunden mit Sebastiano quatschen können. Diese Art der Sizilianer mit Herz, Händen und Füßen zu reden lieben wir sehr. Ich hoffe wir sehen ihn einmal wieder, wenn das Boot fertig ist. Uns fehlt hier in den letzten Monaten der Kontakt zu den locals, aber Corona bestimmt nun mal gerade unsere Zeit.
Wir fahren weiter zum südlichsten Punkt Siziliens.
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