Unterwegs hat es uns nur an einem gemangelt, Zeit mit Freunden, Bekannten, Geschwistern. Auch auf der Straße lernt man viele Menschen kennen, schätzen und einzuschätzen. Doch die Perspektive ist scheinbar eine Andere. Dies haben wir in diversen Gesprächen der letzten Wochen immer wieder gemerkt. – Unweigerlich kommt das Gespräch früher oder später auf unsere Tour. Das Thema scheint zu bewegen. Hierbei kristallisieren sich komischerweise drei Fragen heraus, mit denen wir gar nicht gerechnet haben.
Gerechnet hätten wir damit, dass man hinterfragt ob wir auf der Tour unser Glück gefunden haben. Oder was uns bewegt weiter zu machen. Wie verhält es sich unterwegs mit der Zeit? – Kommt Langeweile auf? – Wie lebt man in einem Bulli?
Doch es stehen drei Fragen klar im Vordergrund:
“Wie könnt ihr Euch das leisten?” – Ist es nicht schmerzhaft so viel* aufzugeben? – Woher nehmt ihr den Mut?”
*Wohnung, Garten, Möbel, Fernseher, Kleider…
Die erste der drei Fragen haben wir versucht im Beitrag “Previligiert oder “nur” glücklich” zu beantworten. – Darüber hinaus haben wir ja in den letzten Wochen unseren Hausstand aufgelöst. Hierbei gab es für uns nur die Frage zu klären, macht uns der Gegenstand glücklich, ja oder nein. Wenn man hierbei das “vielleicht” weg lässt, gibt es erschreckend viel zu verkaufen oder zu verschenken. Am Ende blieben nur einige, wenige Dinge, welche wir eingelagert haben.
Womit auch die Frage beantwortet sein müsste, ob es nicht schmerzhaft ist “so viel aufzugeben”. Nein, es ist nicht schmerzhaft, denn wir geben nichts auf. Wir tauschen nur ein: Möbel gegen Geld, Wohnung, Garten, gegen Platz am Strand oder See, Fernseher gegen Sunset, Kleider gegen Freiheit. Wir gewinnen nicht nur Freiräume, sondern haben das Gefühl uns von der ein oder anderen Last zu befreien. Und apropos Verschenken, heiß es nicht “Glück ist das einzige, was sich verdoppelt in dem man es teilt”?
Doch die häufigste Frage ist und bleibt die Frage nach dem Mut. – Während die anderen Fragen für uns leicht zu beantworten waren, stellt uns diese Frage vor eine Herausforderung. Weder Torgit noch ich haben uns je als mutig betrachtet. – So habe ich die Frage zuerst immer weggewischt. – Doch als sich diese Frage immer häufiger wiederholte, haben wir uns natürlich selbst hinterfragt. – Ist es mutig, was wir tun?
Wie definiert sich eigentlich Mut? – Was sagt Google dazu?
“Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden; Furchtlosigkeit angesichts einer Situation, in der man Angst haben könnte. – Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält.”
Wikipedia: Mut, auch Wagemut oder Beherztheit, bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen, das heißt, sich beispielsweise in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben.
Synonyme sind: Furchtlosigkeit, Mumm, Waghalsigkeit, Forschheit, Kühnheit, Beherztheit.
Ich habe noch eine dritte Quelle gefunden, meine großen Bruder: Der hat an seinem Büro ein Schild: Normal, ist die Abwesenheit von Mut. – Falls wir also mutig sind, wären wir dann unnormal? – Spannende Betrachtung.
All dies nehmen wir für uns nicht in Anspruch. Unsere Tour ist, zumindest bisher, weder gefährlich, noch riskant. Es gab nicht viele Situationen in denen man Angst haben musste. Außer vielleicht ein wenig um den Lack unseres Bullis, wenn es wieder mal darum ging eine enge Passage zu meistern. O.K. der Moment als ich den Bulli mitten in der Pampas “vergraben” habe war nicht ganz prall. Doch man, wir wachsen ja mit den Aufgaben.
Wir sind weder furchtlos, noch übertrieben waghalsig. Wir sehen uns auch nicht als forsch oder kühn. Wenn überhaupt eines der Synonyme passt, dann ist es Beherztheit. – Damit und nur damit können wir uns identifizieren. Wenn wir etwas machen, dann mit ganzem Herzen.
Wir haben weiter gesucht. Was gibt es denn für Zitate?
“Mut ist, wenn man Todesangst hat, aber sich trotzdem in den Sattel schwingt.” – John Wayne
Sorry, wir müssen Euch enttäuschen, es gab keine Todesangst. Wir sind ja hier nicht im Wilden Westen. Wobei cool war er. Mr. Big Leggy.
“Ganz und gar man selbst zu sein, kann schon einigen Mut erfordern.” – Sophia Loren
Das passt da schon eher. Das versuchen wir zu leben, ganz und gar. Doch wir sind sicherlich erst auf dem Weg dahin, ganz und gar, doch auch far away.
“Das größte Vergnügen im Leben besteht darin, das zu tun,
von dem die Leute sagen, du könntest es nicht.” – Walter Bagehot
Das ist und war schon immer meines. “Das kannst Du nicht” ist eine meiner Triebfedern. – Torgit hatte schon Sorge, dass ich nur deshalb losgefahren bin, da mir etliche Menschen gesagt haben, dass ich doch nicht einfach meinen Job kündigen könnte, nach drei, vier Wochen wieder daheim wäre und… – Doch ist das alles? – Nein, ganz sicher nicht. – Es macht einfach Spaß zu reisen, es macht glücklich. Doch noch einmal zurück zum Mut.
Zwei weitere Zitate fanden wir noch passend. Zum Einen sehen wir uns ja als Glückssucher…
“Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.” – Demokrit
…und zum Anderen…
“Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge,
einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.” – Kurt Marti
Als vor einigen Jahren unsere Freundin Andrea, mit Ihrem Partner Craig, beschloss Ihre Wohnung aufzulösen, für nur 3.000,- € einen alten Bulli zu kaufen und einfach gen Süden zu ziehen, fand ich das vielleicht mutig. – Vor allem fand ich es unüberlegt. – Vielleicht ist Mut genau das – mal unüberlegtes tun. Denn von Mut steht in Ihrem Teneriffa Bericht so gar nichts. Deshalb habe ich sie gefragt. Hier ihre Antwort:
“Das Leben beginnt, sobald man aus seiner Komfortzone rauskommt. Zweifel sind der Verstand, das Ego. Mut ist das Herz. – Uns ist es erst später klar geworden, das es Mut war…”
Andreas Feedback bestärkt mich in einer neuen Definition – Mut ist die Abkürzung für “mal unüberlegtes tun”.
Erinnert Ihr Euch an die Mutprobe in Eurer Jugend? War das Mut oder nur mal unüberlegtes tun? Unüberlegt aber geil oder?
Als ich vor einiger Zeit dieses Video, der beiden Russen Vadim Makhorov und Vitaliy Raskalov gesehen habe, wurde mir schon beim Zuschauen ganz anders. Die Beiden klettern auf die höchsten Gebäude der Welt und filmen sich dabei. Hier der Shanghai Tower.
Ich war niemals auf einem echten Wolkenkratzer. Doch als Kind waren schon Bäume hoch, als Jugendlicher Berge und als junger Mann kletterte ich auf einen Baukran, auf einem der höchsten Gebäude in Berlin. Höhenangst kannte ich damals noch nicht.
Was machen diese Russen da? – Mutig? – Keine Ahnung. Es wirkt unüberlegt, aber auch ziemlich cool. – Wenn man bewusst darüber nachdenkt, ist das Risiko, das die Beiden eingehen, deutlich geringer, als am Steilhang zu klettern. Doch die Freiheit, die sie dort oben genießen, dürfte atemberaubend sein.
War ich in anderen Situationen mutig? – War es z.B. mutig sich selbständig zu machen? Damals fragte man nur abfällig: “Warum machst du das?” – Erst viel später kam die Frage “Wie hast du das gemacht” -“Woher hattest du den Mut?” – Vielleicht ist unüberlegt die Antwort auf die Frage nach dem Mut.
Torgit und ich haben vor einigen Tagen eine Dokumentation gesehen: “Anderswo. Allein in Afrika.” Ein Dokumentarfilm über den jungen Anselm, der allein mit dem Rad durch Afrika fährt. – Das bedeutet für uns Mut. Ganz allein zu sein bedeutet Mut. Ein Leben allein zu bestreiten bedeutet Mut. Allein auf Reisen zu gehen bedeutet für uns noch mehr Mut. – Wir haben uns, was soll uns denn da noch passieren? – zusammen sind wir stark, zusammen sind wir ein Team und ja, vielleicht sind wir sogar mutig, auf jeden Fall beherzt, mit ganzem Herzen.
PS: All diejenigen, die allein reisen gehört unser Respekt! Ihr seid die wahrhaft Mutigen. Oder doch nur unüberlegt?
PPS: Schreibt uns gern, wie ihr die Frage nach dem Mut beantworten würdet. Wer von Euch ist mutig? Tretet vor!
it is going to be the best experience
the best decision of my life 🙂