Über Nacht hat es stark geregnet. Was unten im Bulli romantisch ist, wirkt oben wie ein Orkan. – Doch gegen Morgen lässt der Regen nach. – Wir schleichen uns leise auf den Campingplatz, um erst einmal zu duschen und auf dem Rückweg zwei Croissant zu kaufen. Dann gibt es franz. Frühstück im Hector.

Danach wird unser Gefährt reiseklar gemacht. Doch zuerst wollen wir mit den Rädern in die Stadt. –

Nantes, bretonisch Naoned ist in fast jedem Reiseführer der Bretagne zu finden. Dabei wurde die zeitweilige Hauptstadt der historischen Bretagne, bereits seit 1941 abgespalten und somit kein Teil der Verwaltungsregion Bretagne. Doch wir haben uns sagen lassen, “wer in der Bretagne war und Naoned nicht sah, war nie in der Bretagne.” – Wir werden sehen…

Unser erstes Ziel: Die Loire, der Fluss ist nur wenige Minuten vom Platz entfernt. Schon nach wenigen Metern sehen wir die Ile de Versaille, auf die eine kleine Brücke führt. Da eine weitere Brücke zum Ufer zurück führt, wechseln wir auf die Insel. Uns erwartet nicht nur ein schöner japanischer Garten, samt Miniaturwasserfall, sondern auch eine Ausstellung zum Klimawandel.

Im weiteren Verlauf säumen Hausboote und Restaurants auf alten Kähnen das Ufer. Hier stoßen wir wie erwartet das erste Mal auf die grüne Linie. Diese führt an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei. So verpasst man nichts und man spart sich lange Planungen. Genau mein Ding.

Wir bleiben einen Moment an einem Brunnen stehen, welcher durch ein paar Provokateure mit Dreizack und Augenbinde aufgehübscht wurde. – Weiter geht es, vorbei am Mémorial de l’abolition de l’esclavage, einem Mahnmal welches all denen gewidmet wurde, welche gegen jegliche Form der Sklaverei auf der ganzen Welt gekämpft haben oder noch immer kämpfen.

Es folgt die Passage Pommeray: Einfach nett! – Kein Wunder, dass sich Marken wie Hermes hier niedergelassen haben. Standesgemäß halt.

Die Balkone im ersten Stock laden zum Knutschen ein. Nein, nicht wir, ich musste ja fotografieren. – Direkt daneben, schnell übersehen, dass MICR’HOME, es hängt über der Gasse, ein auf drei Etagen angelegtes Micro Heim. Leider haben wir es nur flüchtig war genommen.

Zu mondän? – Auch uns begeistern ebenso Kleinigkeiten am Straßenrand. Ein besonders schönes Eckhaus, Street-Art oder die vielen Figuren, welche unseren Weg säumen. Es gibt mehr zu sehen, als wir in so kurzer Zeit verarbeiten können.

Les Machines de l’île, einem Kunstprojekt, von François Delarozière und Pierre Orefice zieht uns ins ehemalige Werft-Gelände auf der Insel île de Nantes in der Loire. Angeblich begegnen sich hier die imaginären Welten von Jules Verne, das mechanische Universum von Leonardo da Vinci und die industrielle Vergangenheit der Stadt Nantes. – Wir sind gespannt und werden belohnt. Nicht nur, aber auch der Elefant begeistert uns. Doch die île de Nantes wirkt vor allem wie ein Treffen von gestern, heute und morgen.

Wir haben bereits etliche Kilometer hinter uns gebracht und nutzen eine kurze Regenschauer für ein verspätetes Mittagsmahl in einem der vielen Restaurants. Zufällig laufen wir in die “Cantine Du Voyage”. Große, naturbelassene Holztische, welche zu großen Tafeln zusammengestellt sind, Kicker und Pétanque Platz und für “die Kleinen” eine bunte Kletterlandschaft “La Colline” – Gesellig trifft diesen Platz sicher am Besten. Cidre und Wurst-, bzw. Käseplatte leisten Ihren Beitrag um die Stimmung zu heben.

In einer alten Werft kann man deren Geschichte anhand der Modellvorlagen erahnen.

Die Reifen, die hier unter grauem Himmel faszinierend und dennoch farblos wirken, sind das Werk Les Anneaux von Daniel Buren. Abends erstrahlen diese Reifen in weiß bunten Streifen. Leider sind wir nicht mehr hier. Doch wir kommen wieder, keine Frage.

Kunst liegt ja immer im Auge des Betrachters. Wir wollten uns unbedingt noch Résolution des forces en présence, von Vincent Mauger ansehen. Die stachelige Skulptur aus langen Holzpflöcken wirkt, am Ende eines Anlegers, wie eine Gallionsfigur, welche über die alten Schiffsbaurampen wacht. – Doch uns gibt sie nichts, Banausen halt.

Unser letzte Station ist die Kathedrale de Saint-Pierre et Saint-Paul. Kölner verbinden mit “Peter und Paul” vor allem, den für die Alliierten, folgenreichsten aller Luftangriffe auf die Stadt. Mehr als 4500 Menschen starben nach den Attacken der britischen Bomber in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 1943 – den Tag des katholischen Hochfestes „Peter und Paul“ zu Ehren der beiden Apostel. – Doch hier herrscht Frieden. Die Kirche wirkt wie viele französische Kirchen einladend und freundlich. Vielleicht liegt das an der Fassade aus weißen Stein? Wobei Torgit vermutet, dass in Frankreich das “Bodenpersonal” besser ist!? – Ich halte mich mal lieber da raus.

Die Kathedrale hat noch etwas mit Köln, bzw. mit dem Kölner Dom gemeinsam: Ihre lange Bauzeit. 1443 war die Grundsteinlegung, die Vollendung (von Fertigstellung redet da keiner) erfolgte im Jahre 1891. Mit nur 448 Jahren geht der Stich aber an unseren Dom mit 632 Jahren. Wer regt sich da noch über den Berliner Flughafen auf?

Als wir gegen 18:00 Uhr am Stellplatz ankommen, wollen wir raus aus der Stadt und durchatmen. Wir beschließen spontan nach La Bernerie-en-Retz durchzustarten. Ca. 40 Minuten später, finden wir uns am Atlantik wieder und bekommen einen Vorgeschmack auf die Winde, die uns im Herbst erwarten. Doch der Blick aufs Meer belohnt uns für die kurze Fahrt…

Dank an Aga und Dennis, dass Ihr uns hierher geführt habt. – Danke!

Erkenntnis des Tages: In den Spuren eines anderen zu gehen, kann auch mal befreiend sein.

Teile unsere Reise mit Deinen Freunden
de_DEGerman